Die Nacht der rollenden Köpfe

Informationen

OT:Passi di danza su una lama di rasoio

ca.90 Minuten

Italien, Spanien 1972

Regie

  • Maurizio Pradeaux
Darsteller

  • Robert Hoffmann
  • Anuska Borova
  • Nieves Navarro
  • George Martin
  • u.a.

Die Nacht der rollenden Köpfe

Story

Die junge Katja wartet auf einer belebten Aussichtsplattform zusammen mit ihren Eltern auf ihren Verlobten Alberto. Dabei beobachtet sie durch ein Münzfernglas einen kaltblütigen Mord. Den Mörder, der kurz darauf flieht, kann sie nur schemenhaft wahrnehmen, lediglich die Nummer des Hauses. Entgegen der Bitte ihres Verlobten, sich aus der Angelegenheit herauszuhalten, meldet sie den Vorfall der Polizei.

Am nächsten Morgen erfährt sie aus der Zeitung, dass es sich bei dem Mordopfer um eine berühmte Ballett-Tänzerin handelt. Kurz darauf findet man ein weiteres Mordopfer: Ein Straßenverkäufer, der vom Mörder bei dessen Flucht umgerannt worden war und dabei offenbar das Gesicht des Täter erkannt hat, wird mit aufgeschlitzter Kehle aufgefunden. Offensichtlich versucht der Mörder, sich unliebsamer Zeugen zu entledigen.

Wer ist dieser unheimliche Rasiermesser-Killer mit dem Schlapphut, der offensichtlich gehbehindert ist und einen Krückstock benutzt? Ist es vielleicht Alberto? Schließlich hinkt auch er und verstrickt sich zudem in widersprüchliche Aussagen… Die Polizei steht vor einem Rätsel. Da wird die nächste Leiche einer Ballerina verstümmelt aufgefunden…

Kritik

DIE NACHT DER ROLLENDEN KÖPFE!! Was für ein herrlicher Filmtitel!!!

Angesichts dieses reißerischen Titels ist man natürlich schnell der Vermutung auferlegen, es bei diesem Film mit einem Slasher um einen axtschwingenden Frauen-Köpfer zu tun zu haben. Doch weit gefehlt: DIE NACHT DER ROLLENDEN KÖPFE ist ein typischer italienischer Kriminalfilm (auch Giallo genannt; Giallo = Gelb, die Farbe die damals typisch war für den Einband der italienischen Groschenromankrimis, die oftmals als Vorlage für die Filme dienten), der sich allerdings einer Vielzahl typischer Horrorelemente bedient. Diese kommen insbesondere im Spannungsaufbau sowie den für Giallos dieser Art nicht untypischen grafischen Morden mit teilweise hohem Splattergehalt zur Geltung.

Der bei Beginn des Films in der deutschen Fassung eingeblendete Titelzusatz: „…ein böser Film“ lässt den Zuschauer schmunzeln und stimmt ihn augenzwinkernd auf das nun folgende filmische Ereignis ein. DIE NACHT DER ROLLENDEN KÖPFE ist nämlich wahrlich ein bitterböser und gerade dadurch höchst unterhaltsamer Vertreter des italienischen Kriminalfilms, mit all den dazugehörenden Utensilien, wie schwarze Handschuhe, Schlapphut, Rasiermesser 😉

Der Sleaze-Faktor des Films ist ziemlich hoch. Die wirklich sehr schön anzusehenden Darstellerinnen, allen voran Susan Scott (alias Nieves Navarro), werden bei fast jeder sich bietender Gelegenheit in ihrer vollen Schönheit (sprich nackt…) präsentiert. Das Ganze erscheint zwar, nicht zuletzt aufgrund der eindeutigen Intention der Darstellung, relativ plump, kommt jedoch stellenweise dezent künstlerisch-voyeuristisch rüber, wenn z.B. die Kamera die feilgebotene Offenherzigkeit distanziert aus der Ferne hinter sichteinschränkenden Objekten, wie Pflanzen, etc., auffängt.

Überhaupt sind die Kameraeinstellungen sehr gelungen und zeigen die diesbezügliche Experimentierfreude des Regisseurs Maurizio Pradeaux. Dabei setzt er zum Beispiel bei den Mordsequenzen unterschiedliche Perspektiven ein, nimmt die Kamera mal die Sicht des Täters ein (z.B. wie er sein Opfer aus seinem Versteck unter dessen Bett beobachtet), dann wieder zeigt sie das Blickfeld des Opfers. Dieses Kameraspiel gipfelt zum Showdown in einem Gewächshaus in einem fast schon Blitzlicht artigen Wechselspiel der Perspektiven, wobei die leicht wackelige Kameraführung die so entstehende Spannung noch bis ins Unermessliche steigert.

Robert Hoffmann, seinerzeit in dem Rififi-Klassiker TOP JOB – DIAMANTENRAUB IN RIO (Giuliano Montaldo, D, I, E, 1968) noch Schürzenjäger vom Dienst und späteres Kinski-Opfer, überzeugt mit typischem Italo-Schnauzbart in der Rolle des Alberto, der als Puppen-meuchelnder Künstler zunächst ins Visier der Polizeifahndung gerät und sich dann auf eigene Faust auf die Jagd nach dem Mörder macht.

Ein besonderes Lob gilt auch der Vertonung des Films mit einer wunderschön intensiven Geräuschkulisse. In einer Mordsequenz knatscht z.B. eine Tür dermaßen penetrant, dass sich einem die Nackenhaare sträuben. Auch der Soundtrack von Roberto Pregadio fügt sich mit teils dramatischen, teils fröhlich beschwingten (neapolitanischen? Nennt man das so?? Ja, 70er-Italofilm-stylisch eben…) Klängen passend in das Gesamtwerk ein.

Natürlich verzichtet auch DIE NACHT DER ROLLENDEN KÖPFE, wie viele andere Vertreter seiner Gattung, nicht auf den ein oder anderen, sagen wir mal vorsichtig: „etwas merkwürdigen“ Drehbucheinfall, bei dem sich der Zuschauer angesichts dessen Unlogik (um nicht zu sagen: Dämlichkeit) an den Kopf packt. Da streiten sich zum Beispiel zwei erwachsene (?), offensichtlich einheimische (!) Männer in fast schon „Stooges“-Manier direkt zu Beginn des Films um den Blick durch ein Münzfernglas, um WAS zu beobachten?? Sonnenbadende Schönheiten?? Kopulierende Teenager?? NEIN!!! Die Landschaft!!! (offensichtlich waren 1972 Münzferngläser gerade eine Weltneuheit auf dem Touristenmarkt, anders lässt sich die Faszination der beiden wohl kaum erklären…). Den Panorama-Blick genießend, entdeckt einer der beiden „Stooges“ dann jedoch doch noch etwas ganz Interessantes: Seine Frau betrügt ihn! Muss ja: schließlich kann er sie ja gerade beobachten, wie sie in ein fremdes Auto steigt, was ihn zu dem Kommentar hinreißt: „Ah so ist das also: Nen neuen Scheich hat die! Aber egal, ich hab sie ja auch oft genug beschissen.“ Dann tänzeln die beiden Hobby-Voyeure, sich stoogeesk gegenseitig foppend, aus dem Bild. Das muss man gesehen haben!!! Neben dieser Szene sei noch auf ein weiteres Highlight der unfreiwilligen Komik des Films hingewiesen, wobei sicherlich auch hier die Ausschmückung seitens der deutschen Synchro einen wesentlichen Teil zum Klamauk beisteuert: Katja, gerade Zeugin eines Mordes geworden, wendet sich an einen vorbeischlendernden Polizisten, der mit Uniform bekleidet, gerade mit seiner Frau vorbeischlendert. Ihre Bitte, etwas zu unternehmen, kann er leider nicht nachkommen, da er „nicht im Dienst“ sei und zudem seine Frau dabei habe. Und diese „hat keinen Sinn für SOWAS“ !!!!

Doch keine Panik: Derartige Böcke im Drehbuch bleiben im weiteren Verlauf des Films eher die Ausnahme, und DIE NACHT DER ROLLENDEN KÖPFE nun deswegen in die Ecke des Klamauk-Krimis zu stellen wäre absolut ungerecht.

Der Film legt bei der Suche nach dem wahren Mörder für den Zuschauer zahlreiche Köder aus. Die Auflösung des Falls vermeidet dabei glücklicherweise haarsträubende Überraschungen und unlogische Wendungen, die ja nicht selten bei manchen Vertretern des italienischen Giallos den positiven Gesamteindruck etwas trüben, wie es zum Beispiel bei TENEBRE (Dario Argento, Italien, 1982) der Fall ist.

DIE NACHT DER ROLLENDEN KÖPFE vollbringt das Kunststück, aufgrund seiner kurzweiligen Story, grandioser Spannung, hohem Sleazegehalt und dezentem Trash sowohl für den Filmabend allein, als auch in illustrer Runde auf ganzer Linie zu überzeugen und glänzend zu unterhalten!!!

Also: Macht aus Eurem Herzen keine Mördergrube und schaut Euch den Film an!! 😉

Fazit: Spannender, düsterer Giallo mit hohem Sleaze- und Horror-Faktor. Ein Klassiker!!!

Bewertung

SplatterDie Nacht der rollenden Köpfe
SpannungDie Nacht der rollenden Köpfe
StoryDie Nacht der rollenden Köpfe
EkelfaktorDie Nacht der rollenden Köpfe
AtmosphäreDie Nacht der rollenden Köpfe
GesamtDie Nacht der rollenden Köpfe

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